Meine Anthologien
Als das Alter noch die Zukunft war…
Erscheinungsjahr: 2015
Seitenzahl: 132
ISBN: 9783737586993
Verlag: epubli GmbH
Wir erinnern uns an die Zeit unserer Kindheit und Jugend, an die wir trotz mancher Entbehrungen gern zurückdenken. In heiteren, aber auch ernsten Geschichten und Gedichten erzählen wir, was uns damals bewegte und wie wir lebten. Die Leser und Leserinnen unserer Generation werden sich gewiss manchmal mit einem Schmunzeln in die eigene Vergangenheit versetzt fühlen. Zugleich verbinden wir mit den Erinnerungen aber auch Wünsche für die uns nachfolgenden Generationen: Mögen sie die Vergangenheit ihrer Eltern und Großeltern besser kennen und verstehen lernen und sich eine glücklichere Welt ohne Entbehrungen und Not erschaffen. Tauchen wir also gemeinsam ein in eine spannende, aber längst vergangene … Kinderzeit. Die vorliegende Anthologie wurde von den Mitgliedern unseres Schreibkreises ‚PROSAIK‘ des Familienzentrums ‚Schöpfkelle‘ in Halle/Silberhöhe zusammengestellt. Für dieses Buch haben wir uns ein gemeinsames Thema gewählt.
Leseprobe
Sommerferien
Es war Hochsommer als wir mit Vater in Richtung Mecklenburger Seenplatte fuhren.
Hoffentlich haben die für uns noch ein Bett.
Meine zwei Jahre jüngere Schwester jammerte und glaubte, man würde uns nicht im Ferienlager aufnehmen. Wir hatten die Abfahrt aller Ferienlagerkinder mit dem Bus verpasst. Nun saßen wir im Pkw, fuhren vorbei an duftenden Weizenfeldern und blühenden Wiesen den anderen Kindern hinterher nach Diemitz am Vilzsee. Immer wenn wir an einem See vorbei fuhren, presste ich mein Gesicht an die Autoscheibe. Ich roch förmlich das Wasser, roch die Sonne und die Blumen der Wiesen. Ein Prickeln war auf meiner Haut und mein Herz klopfte heftig. Ich war schon elf, wissender als meine Schwester, und erklärte ihr, welchen Nutzen Kühe, die in den verschiedensten Musterungen auf den Weiden standen, für den Menschen haben. An einem See hielt dann unser Auto. Mein Vater zeigte auf einen nahe gelegenen Gebäudekomplex und meinte: Wir sind am Ziel.
Es gab noch freie Betten und ich durfte sogar in einem Doppelstockbett oben schlafen. Ein heimlicher Wunsch erfüllte sich. Alle Mädchen hatten ihre Betten in einem großen Saal. Das meiner Schwester stand in einer entfernten Ecke des Raumes, weil sie jünger war und einer anderen Gruppe zugeteilt wurde. Der Mädchenschlafsaal war nur durch eine dünne Wand vom Schlafsaal der Jungen getrennt. Die Jungen spielten während der Ferienzeit eine große Rolle. Fast jedes Mädchen flirtete mehr oder weniger schüchtern. Die Jungs neckten beim Baden, versteckten mal ein Handtuch, warfen mit kleinen Steinen auf die Decken der Mädels oder setzten sich einfach ins Gras zu einer Mädchengruppe. Sie ruderten die Boote über den See und erzählten bei den Wanderungen die tollsten Geschichten, die sie angeblich selbst erlebt hatten. Die Mädchen gaben sich nicht mit den gleichaltrigen Jungen ab, nein, diese mussten mindestens zwei, drei Jahre älter sein, um Interesse zu erwecken. Viele Mädchen hatten schon kleine Brüste, manche trugen sogar einen BH. Die waren bei den Jungs am begehrtesten. Bei mir wölbte sich da noch nichts. Ich hatte den Eindruck, das war der Grund, warum sich kein Junge so richtig für mich interessierte. Aber ich fühlte schon etwas in mir, das mich zu den Jungens hinzog, etwas Wunderbares, Neues, etwas, das im Brustkorb wärmte. Besonders zwei Jungen ließen mein Herz schneller schlagen, wenn sich unsere Blicke trafen oder ich sie einfach nur aus der Ferne beobachtete. Pauli, einer der beiden, war der absolute Mädchenschwarm. Mir war klar, ich hatte bei ihm keine Chance. Meine Schüchternheit erlaubte es mir nicht, ihn anzusprechen oder mich einfach beim Frühstück neben ihn zu setzen. So erlebte und bewunderte ich ihn die ganze Zeit über aus der Ferne.
Es waren herrliche Sommertage, voller Erlebnisse und Gerüche, die eine Großstadt nicht bieten konnte, voller Himmel und Träume. Unvergessen bleiben der letzte Ferientag und die letzte Nacht im Doppelstockbett. An diesem Abend gab es keine Erzieher, die für die Nachtruhe und Ordnung in den Schlafsälen sorgten. Sie feierten ihren Abschied vom Sommerlager. Ich hörte plötzlich etwas trapsen, dann kichern, und schon sah ich einen Jungenkopf durch den Schlafsaal schweben. Noch einen und noch einen. Ich auch, hörte ich es flüstern. Ich sah, wie der eine oder andere Junge an das Bett eines Mädchens trat und es küsste. Einen Jungen küssen, das tat ich noch nie. Wieder schlug mein Herz heftiger und auch ich hatte das Verlangen, geküsst zu werden. Ein schmächtiger Junge in meinem Alter trat an mein Bett und versuchte es. Ihn wollte ich nicht, drehte meinen Kopf ruckartig zur Seite. Plötzlich sah ich in die Augen von Pauli. Er küsste mich auf den Mund, einmal, zweimal, dreimal. Dann ging er, um ein anderes Mädchen zu küssen. Es machte mich nicht traurig. Freude und Wohlsein war in mir. In dieser Nacht bekam die Welt für mich einen anderen Wert, einen anderen Sinn. Und Pauli blieb für immer in meiner Erinnerung.
Licht und Schatten
Erscheinungsjahr: 2005
Seitenzahl: 103
ISBN: 3-937973-08-7
Verlag: dorise Verlag
Mehrere Autoren mit Psychiatrieerfahrung schreiben über ihr Leben. Was denken, fühlen und erleben sie während der Krankheit? Wie hat auch das Schreiben geholfen, die Krankheit zu überwinden?
Doch auch das Leben außerhalb der Krankheit findet in den Prosatexten und Gedichten seinen Platz. Liebe, Freundschaft, Freude, Hoffnung, Familie, der Umgang mit dem Menschen nebenan, Sorgen und Nöte sind z.B. Themen des Buches.
Ein Buch, das zeigt, Menschen mit psychischen Erkrankungen sind Menschen wie du und ich, haben Stärken, Schwächen, Wünsche und Träume. Illustriert ist das Buch mit Zeichnungen verschiedener Autoren.
Leseprobe
Spuren
Ich öffne die Haustür. Vor mir liegt eine Welt, wie neu erschaffen, von einem Schneegestöber über Nacht in ein weißes Gewand gehüllt.
Weiße Schneedecke
heller Sonnenschein glitzert
über Keim und Saat
Vorsichtig zertrete ich das prächtige und funkelnde Kleid. Kraftvoll muss ich auftreten, um mich vorwärts zu bewegen. Tiefe Abdrücke hinterlasse ich. Weit ist mein Ziel. Als ich zurück schaue weiß ich, dass dieser Weg sich von allen anderen unterscheidet. Für einen Moment bin ich allein auf der Welt und deutlich erkenne ich meine Spuren. Viele werde ich noch hinterlassen, ehe ich mein Ziel erreicht habe, hier im Schnee und in meinem Leben auf geraden und verschlungenen Wegen.